Ein besonderes Sommerfest zum 100jährigen Bestehen
Es war eine Geburtstagsfeier, die dem Anlass angemessen war: Das traditionelle Sommerfest von medmissio stand ganz im Zeichen seines 100. Geburtstags. Die Geburtstagsgäste waren gleichzeitig Teil des Jubilars: Frauen und Männer, die im Laufe der Jahre für medmissio in Ländern des Südens im Einsatz waren, die sich in den unterschiedlichen Arbeitsfeldern des Instituts engagierten und noch heute engagieren, ehrenamtlich und beruflich.
Dem Vorstandsvorsitzenden Prof. Dr. August Stich gelang es, die Besucherinnen und Besucher auf eine kurzweilige und informative Zeitreise mitzunehmen. Sie startete im Jahr 1600, also weit vor den Anfängen des Instituts, und endete in der Gegenwart mit ihren aktuellen Herausforderungen für das Gesundheitswesen und medmissio.
Zu Wort kamen auch Mitglieder, die ihre persönlichen Erinnerungen an Einsätze in Ländern des globalen Südens schilderten. Sie nahmen die Zuhörer mit unter anderem nach Ghana, Tansania, Namibia, Südafrika, aber auch nach Südamerika und Osteuropa.
Prof. Klaus Fleischer: Erinnerungen an Hanna Decker
Prof. Klaus Fleischer erinnerte an die Ärztin Dr. Hanna Decker, die 1977 in Rhodesien, dem heutigen Simbabwe, bei einem Überfall auf ihr St. Paul`s Hospital von Rebellen erschossen wurde. Er habe sie als ruhige und fokussierte Ärztin erlebt, sagte Fleischer. Er hatte Decker während ihres Heimatsurlaubs vertreten. Kurz nach ihrer Rückkehr aus Deutschland geschah der Überfall.
Mehr über die mutige Missionsmedizinerin zu erfahren war bei einer kleinen Ausstellung im Obergeschoss von Haus St. Michael, bei der auch Pioniere aus den Anfängen des Instituts fiktiv zu Wort kamen, darunter auch Dr. Anna Roggen, die jung in China starb, und das Ehepaar Drexler, das ebenfalls in China aktiv war. Auch aktuelle Projekte von medmissio in verschiedenen Regionen des Südens wurden vorgestellt. Das Engagement der Gemeinschaft der Missionshelferinnen in Ghana war anhand eines Zeitstrahls zu bewundern.
Anita Blatz: Nach dem Kongo in die „Bayernmission“
Anita Blatz von der Gemeinschaft der Missionshelferinnen war zunächst in Simbabwe im Einsatz, um dann für vier Jahre in den Kongo zu gehen. „Ich war damals noch sehr jung, ich wollte einfach in die Mission, den Leuten helfen“, beschrieb sie ihre Motivation. Die Zeit in Simbabwe sei wegen des Krieges sehr schwer gewesen, viele hätten ihr Leben verloren. Nach der Rückkehr aus dem Kongo habe ihre „Bayernmission“ begonnen, sagte Blatz mit einem verschmitzten Lächeln.
Bruder Peter Reinl OSA: Aids im Kongo schwer in den Griff zu bekommen
Seit mehr als 60 Jahren sind Augustiner im Kongo, wie Bruder Peter Reinl betonte. Seit zwölf Jahren ist der Orden über ein HIV/Aids-Projekt mit medmissio verbunden. Aids sei im Kongo seit gut 20 Jahren ein „großes Thema“ und schwer in den Griff zu bekommen. Große Sorgen bereite den Augustiner die wachsende Zahl an Flüchtlingen aus dem Südsudan und aus dem Kongo selbst. Diese Menschen würden vor den Rebellen im Busch fliehen und in die Städte kommen.
Papua-Neuguinea: „Gefühlt am Ende der Welt“
Dr. Birgitta Bauers Einsatz in Papua-Neuguinea liegt schon einige Jahre zurück, und doch fühlt sie sich dem Land noch immer sehr verbunden. 1880 kamen die ersten Missionare nach Papua, 1937 wurde ein Krankenhaus gegründet, der erste Arzt wurde über das damalige Missionsärztliche Institut nach Vunapope entsandt. Seitdem waren immer wieder Mediziner aus dem Institut dort tätig. Bauer, die 2004 nach Deutschland zurückkam, versorgte Kranke vor Ort und engagierte sich in der Früherkennung von Gebärmutterhalskrebs. Gewalt gegen Frauen sei ein großes Problem in Papua-Neuguinea. Sie bedauere, dass Papua gefühlt am Rande der Welt liege, obwohl die Probleme ähnlich seien wie etwa in Afrika.
Dr. Gabi Köthe: 34 Jahre in Ghana
1959 gründete Dr. Gabi Köthe von der Gemeinschaft der Missionshelferinnen mit ihren Mitschwestern das St. Martin de Porres Hospital in Eikwe. Seitdem haben in der Klinik 28 Missionshelferinnen gewirkt. Ihre Erlebnisse hat sie in ihrem Buch „Vom Sambesi zur Goldküste“ niedergeschrieben. „Ich dachte, ich komme da lebend nicht heraus“, erinnert sie sich an die erste Zeit in Ghana. Heute würde sie sich dort nicht mehr zurechtfinden, glaubt sie. Und die Ärztin ist froh, dass sie die Klinik bei der heutigen Leiterin Dr. Theresia Pellio in guten Händen weiß.
Drs. Gerhard und Ursula Keil: Dankbar für das Institut als „Heimat“
Ihr dreijähriger Aufenthalt in Südafrika habe dem Ehepaar den Weg zum Missionsärztlichen Institut gewiesen, berichtete Dr. Gerhard Keil. Er war in einem südafrikanischen Krankenhaus an der Grenze zu Mosambik als erster Frauenarzt tätig. „Wir haben dort nicht nur Nöte empfunden, weil die Regierung die Krankenhäuser mit unterstützt hat. Von da schlug unser Herz für die Länder im globalen Süden.“
Dr. Barbara Potschka: 1976 begann ihre Geschichte mit Namibia
Schon kurz nach dem Studium nahm Barbara Potschka Kontakt mit dem Institut auf. Nach einem kurzen Einsatz in der Missionsärztlichen Klinik war zunächst Simbabwe ihr Ziel, bevor sie 1976 zum ersten Einsatz nach Namibia aufbrach. Von dort kehrte sie 2017 zurück. Die Ärztin freut sich über das gut aufgestellte Gesundheitssystem des Landes. Die Medizin sei inzwischen auf einem hohen Stand.
Dr. Lydia Kersch im Tschad
Viele Jahre war Dr. Lydia Kersch an kirchlichen Krankenhäusern im Tschad tätig. Ab 1996 sei HIV/Aids ein großes Problem gewesen. Aber Medikamente hätten aus einer tödlichen eine chronische Krankheit gemacht. In Sarh hat die Ärztin ein Gesundheitszentrum für chronische Erkrankungen wie Diabetes, Bluthochdruck oder Epilepsie betreut. Heute liege dessen Schwerpunkt auf psychischen Erkrankungen.
Mehrmals in Tansania: Drs. Bernhard und Päivi Köhler
Päivi Kähler, die in der Aidsarbeit engagiert war, erinnerte sich an eine Welle der Hoffnung, als die Immunschwäche behandelbar wurde und die Menschen trotz Infektion normal weiterleben konnten. Gegen Ende ihres Einsatzes hätten jedoch die Resistenzen zugenommen und viele Jugendliche seien gestorben.
Bernhard Köhler blickte dankbar zurück auf die lange Einarbeitungszeit in der neuen Umgebung, auch dafür, dass es während seiner Zeit in der Würzburger Tropenmedizin „noch ohne große Probleme möglich war, neben der klinischen Arbeit Projektarbeit zu machen durch Freistellung von der Klinik“. Zufrieden äußerte er sich darüber, dass das Zentrum für Ausbildung im pharmazeutischen Bereich und dkie Infusionsherstellung in Moshi, wo das Ehepaar bei seinem letzten Einsatz in Tansania aktiv war, unter tansanischer Führung gut weiterliefen.
Michael Kuhnert: Mentale Gesundheit nicht länger vernachlässigen
Mit Geschäftsführer Michael Kuhnert ging es gedanklich nach Kolumbien und Argentinien, wo er ein Behindertenzentrum aufgebaut hat. In den Elendsvierteln habe er erlebt, wie psychisch zerstört dort vor allem Jugendliche seien. Der ständige Appell der Partner für mehr Unterstützung für den Bereich Mental Health sei ein Hilfeschrei der Partner, mehr für Mental Health zu machen. Psychische Gesundheit sei ein „weißer Fleck“ im Angebot von medmissio, der der dringend mehr Aufmerksamkeit brauche.
Dr. Klemens Ochel: HIV/Aids in Osteuropa
Das Tor für das Institut in den Osten Europas war die Arbeit gegen HIV/Aids. Durch Diskriminierung, Verdrängung und die Kombination mit Tuberkulose habe sich die Immunschwäche in den 90er Jahren dramatisch ausgebreitet. „Osteuropa ist uns historisch sehr verbunden, das spüren wir auch jetzt in dem aktuellen Konflikt.“
Elke Blüml